Dieser Wandertag der Grundschule Astheim mit dem NABU hat inzwischen seine feste Tradition. Das Ziel für die Großen war die Kläranlage in Bauschheim. Die Kleineren wanderten durch die
Straßen von Astheim an Gärten und Büschen vorbei, die Gesine Wechterstein vom NABU in Augenschein genommen hatte. Dort bot der Herbst Allerlei zum Sammeln an: Hagebutten und Eicheln, kleine
Flieger des Ahorn und Kastanien. Beim NABU-Haus gab es eine große Frühstücksrunde mit 48 Kindern.
Der radelnde Reporter aber schwang sich aufs Rad und fuhr durch die Felder den dunklen Wolken entgegen. Die Dritt- und Viertklässler hatten das Schützenhaus bereits wieder verlassen, wo ihre Frühstückspause gewesen war. Bei der Kläranlage kamen Kinder naserümpfend aus dem Hauptgebäude gelaufen. Dort hatte sich die Förderschnecke mit ihrer geruchsreichen Last in Bewegung gesetzt. Draußen aber war frische Luft und frischer Wind. Hier führte der Leiter der Anlage, Schumann, in frischen Stoffschuhen (denn alles war sauber) zu den einzelnen Stufen des Klärwerks. Das entsorgt die Abwässer der Bauschheimer (7000) und Astheimer (3000), ist aber für 15000 Einwohner ausgelegt. Bei trockenem Wetter fließen 1,5 Millionen Liter, bei Regen ca. 5 Millionen Liter durch die Anlage. Das Wasser passiert eine mechanische, eine biologische und eine chemische Reinigungsstufe. In der mechanischen Anlage wird mit Rechen der feinere von gröberem Schmutz getrennt. Die festeren Bestandteile werden gepresst und extra verarbeitet. In der biologischen Stufe sprudelt es in langen Becken. Hier wühlt Sauerstoff das Wasser auf, und hier tummeln sich Bakterien, tun sich am Unguten gütlich und klären das Wasser. Durch biologische Prozesse wird in großen Bottichen das Wasser so gereinigt, dass es beinahe Trinkwasserqualität hat, dem Schwarzbach zu geführt wird und so ihn und den Rhein auffrischt. Für die älteren Kinder war in der Schule gerade das Thema „Wasser“ dran. Zu Wasser gehört auch Abwasser. Gewissenhaft notierten sich die Kinder, was sie hörten und sahen.
Der Reporter warf noch einen Blick auf die 42 Kinder, meldete sich beim NABU-Chef Dietmar Sellner ab und radelte gegen den kalten Ostwind zur Grundschule. Hier fand er die Kinder und ihre
Betreuer in drei warmen Klassenräumen bei offenen Türen wieder. Ihre Arbeit konzentrierte sich auf kleine runde Pappscheiben, auf deren Klebeband symmetrisch die gesammelten Eichenkäppchen,
Hagebutten, Ahornflügelchen und Kerne aufgeklebt werden sollten. Das ist heutzutage gar nicht so leicht, wo alles schon vorgefertigt und vorgedacht ist. Aber es war möglich und wurde originell
und schön.
Draußen schüttete es vom Himmel, aber die Dritt- und Viertklässler trotzten dem Regen und erreichten pünktlich zum Schulschluss ihre Klassenräume, um sich dann unter die Regenschirme ihrer
Eltern oder in deren Automobile zu flüchten.
Denen konnten sie dann erzählen:
„Weißt du, wohin das Regenwasser fließt? – In die Kläranlage“.
Kaj Wechterstein
Zum 7. Mal lud der NABU Astheim zum Heufest auf der Streuobstwiese hinter dem Margareta-Schenkel-Haus ein. Das ist Tradition. „Aber was für ein Tradition ist es?“ fragten die Zeitungsreporter. Es war von Anfang an ein Fest, das sich von selbst entwickelte. Und so war es auch dieses Jahr. Das Heu war gemäht. Rechen und Harken lagen am Wegesrand. Wer kam, schnappte sich ein Gerät, harkte das Heu zusammen und schaffte es auf einen großen Haufen. Dieser Haufen wurde sehr bald und mit wachsender Größe von den Kindern entdeckt. Man konnte hineinspringen, man konnte sich darin verstecken, man konnte den anderen darin verstecken und ihn mit einem Heuballen bedecken.
Auf der Streuobstwiese lockten Apfelbäume voll von roten Äpfeln. Die musste man nicht kaufen, sondern man konnte sie direkt vom Baum pflücken, zaghaft hineinbeißen und dann schmecken, wie süß und saftig sie waren. Auch im Heu lagen Äpfel, einige wurden von Würmern bewohnt, aber das tat dem Geschmack keinen Schaden.
Zaghaft näherten sich auch einige neue Bewohner des Hotel garni, Flüchtlinge, denen diese Früchte neu waren. Aber dann wurden doch zwei Plastiktüten voll in die Herberge geschleppt. Ein kühler Ostwind ließ die Septemberwärme vermissen, aber Gelegenheit zu Bewegung gab es genug. Schnell war das Heu auf zwei große Haufen geschafft. Getränke standen bereit.
Gesine Wechterstein und Käthe Breideband leiteten an zwei Tischgarnituren zum Basteln an. In diesem Jahr entstanden Heukränze, die sich auch zu Kronen umfunktionieren ließen. Und bald liefen einige Heuprinzessinnen herum. Der gekrönte Heukönig aber wurde zu seiner eigenen Überraschung Hennes Mundschenk, bewundert von den kleinen Prinzessinnen.
Kaj Wechterstein
Schon vor 3 Uhr qualmte es am Samstagnachmittag hinter dem NABU Haus aus einer Bütt. Kurz bevor es von der Kirchturmuhr schlug, hörte man Rufe aus der Luft: ein großer Kranichzug kreiste über Astheim. Waren die majestätischen Vögel durch die verschiedenen Funkfeuer des Flughafens verwirrt worden oder nutzten sie die Thermik über Astheim, wo die Sonne zu scheinen und zu wärmen begann? Nein - sie hielten Ausschau nach dem weißen Rauch. Und sie wurden nicht enttäuscht: Hennes Mundschenk und Darius entzündeten den großen Holzstapel, und eine große weiße Rauchfahne stieg in die Luft. Die Kraniche formierten sich zufrieden und zogen nach Süden.
Als erste Besucher erschienen die Pressevertreter und vermissten die anderen Besucher. Aber die ließen den fleißigen Helferinnen und Helfern Zeit, Tische und Bänke herbeizuschleppen, Schüsseln und Töpfe aufzubauen, den Teig für das Stockbrot auszupacken und die Getränke zu platzieren. Als der Feuerstoß rot loderte, da kam es aus allen Richtungen - zu Fuß und mit großen und kleinen Fahrrädern. Um das Feuer musste man einen großen Bogen machen, denn die Glut strahlte gewaltig. Und als der Stapel zusammenbrach, da gab es Glut vom großen Feuer für das kleine Feuer in der Bütt. Bei einer kundigen Bäckerei hatte es reichlich Teig gegeben, der nun um lange dünne Stöcke gewickelt wurde und mit geziemendem Abstand und bequem über den Büttenrand gehalten wurde. Das schafften auch die Kleinsten und brachten das fertige Brot stolz der Oma oder dem Opa.
Früher gab es Kartoffelfeuer auf den Kartoffelfeldern. Daran erinnern sich immer weniger. Heute gibt es vorgekochte Kartoffeln in Alufolie. Die wurden am Rande des großen Feuers gelagert. Hinter der Hecke auf der NABU-Wiese gab es Apfelbäume mit vielen Äpfeln. Auch die konnten in Alufolie gewickelt zu leckeren Bratäpfeln werden. Für die fertigen Kartoffeln gab es Butter oder Quark unterschiedlich zubereitet. Für die Äpfel Zucker und Zimt. Zum einen passte Saft, zum anderen Bier oder zu allem Wasser.
Für die Älteren war dieses Feuer gemütlich, für die Jüngeren lud die Landschaft zum Toben und Verstecken ein. Das gab den Älteren Gelegenheit zu allerlei Kommentaren und zu Überlegungen, wer zu wem gehörte.
Das Gasthaus hinter dem Friedhof ist zu einer Flüchtlingsunterkunft geworden. Schon beim Heufest waren Einige aus diesem Hause der Einladung des NABU gefolgt. Auch diesmal gingen zwei Mitarbeiterinnen des NABU Astheim dahin und brachten einige Bewohner mit ihren Kindern mit. Die Eltern betrachteten zurückhaltend das Geschehen und probierten vorsichtig die gebratenen Äpfel und Kartoffeln.
Die Kinder waren schneller, holten Stöckchen, die das Feuer wieder zum Lodern brachten, holten Kastanien und warfen sie ins Feuer, wo sie mit Piff-paff zerplatzten. Auch gab es für die Kastanien kleine Schweife aus Krepppapier, die so lustig durch die Luft segelten.
Es war wieder ein wunderbares Familienfest. Es gab reichlich zu Essen, zu Trinken, zu Beobachten oder zu Toben. Es waren genug sachkundige Helferinnen und Helfer da, die unauffällig beobachteten,
wo zugepackt oder Rat gegeben werden konnte. Und als beim Resümee im NABU-Haus der Spendenkasten geleert wurde, konnte Hans-Lorenz Heck feststellen. „Es reicht nicht nur, es ist
reichlich.“
Kaj Wechterstein
Den radelnden Reporter hat es nicht gestört, wenn ihn beim Weg ums NABU-Haus die Zweige streiften. Aber den Mitarbeitern fiel es auf: Das Margareta-Schenkel-Haus wächst langsam zu. „Seit es kein Sommerfest mehr gibt, wird die Umgebung des Hauses nicht mehr gepflegt“, erhoben sich mahnende Stimmen beim NABU-Treff. Aber wer macht das? Der harte Kern, die Männer, die die Arbeit schafften, waren immer mehr in die Zeit der runden Geburtstage und auf die Geburtstagsliste der „Treburer Nachrichten“ gelangt. Und es gibt im Laufe des Jahres noch mehr Arbeiten. Hunderte von Nistkästen sind zu inspizieren und reinigen. Das bedeutet: Rauf auf die Leiter, runter von der Leiter.
Aber es gibt neue Nachbarschaft, und warum sollte man die nicht fragen? Es sind die Flüchtlinge im ehemaligen „Hotel Garni“. Auf Einladungen zum Heu- und Herbstfest hatte es schon zaghafte Annäherungen gegeben. Beim Informationsabend im September über Flüchtlinge in der Großgemeinde Trebur und besonders in Astheim war schon der Name NABU Astheim gefallen, und seitdem hatte Gesine Wechterstein die Anschrift der Koordinatorin der Kontakte um das neue Flüchtlingshaus: Ingrid Stapff. So ging das Ehepaar Wechterstein zum Informationsaustausch der Mitarbeiterinnen und des Mitarbeiters im alten Rathaus, wurde herzlich begrüßt, erlebte interessante und amüsante Berichte und einen effektiven Meinungsaustausch über den Umgang mit zu betreuenden Gruppen und den Verantwortlichen bei Behörden und im medizinischen Bereich. „Arbeiten in der Natur“ so erfuhren sie, „passen gut in das Konzept“.
Am Montag ging es zum Flüchtlingshaus. Der Sprachunterricht lief noch, aber wie bei den Erdmännchen schaute es aus den verschiedenen Türen und Fenstern. Dann kam Frau Stapff und hatte bald vier tatkräftige junge Männer für den NABU gefunden.
Am Mittwoch trafen sich vier NABU- Mitarbeiter und der radelnde Reporter (mit einer kleinen Heckenschere in der Tasche), um sich des Wildwuchses um das NABU-Haus anzunehmen. Erst wenn man solche Arbeit beginnt, sieht man, wie die Natur sich ihre Wege gesucht hat. Das Nötigste sollte an diesem Vormittag geschafft werden. Aber dann kam Gesine Wechterstein mit drei kräftigen Syrern und einem tatendurstigen Pakistani. Man schaute sich an, man schaute auf die Sträucher und Bäume: „Wo“? fragten die einen. „Da“ sagten die anderen. Und dann ging das Geschnippel los. Was in der Flüchtlingsfrage im Großen sich verflüchtigt, wurde hier im Kleinen gleich gefunden: Dietmar Sellner übernahm die koordinierende Leitung. Jedem Mitarbeiter gesellte sich ein Flüchtling zur Seite. Der Schmalste schaffte die langen Äste und Zweige zu einem großen Haufen. Die langen Scheren langten nicht, Sägen mussten her. Im NABU-Haus gibt es auch eine Motorsäge. Dietmar Sellner erklärte sie und wollte sie anwerfen, aber ein kräftiger Fachmann nahm sie ihm aus der Hand und legte sie dann nicht mehr aus der Hand. Der Reporter sah, wie sich durch tatkräftige Arbeit das Gehölz lichtete und wie die Parkanlage wieder sichtbar wurde. Vor dem NABU-Haus steht ein geheimnisvolles efeubewachsenes Monument. „Das wurde angelegt, als aus dem ehemaligen Schützenhaus das ehemalige Jugendhaus wurde. Seit es Margareta-Schenkel-Haus wurde, hat man daran nicht mehr gerührt“, erinnerte sich Hans-Lorenz Heck. Aber jetzt bot es sich an, unter den Efeu zu schauen, was er da versteckte: nichts Besonderes, aber immerhin eine Art Blumenkasten, den man im Frühjahr seiner ursprünglichen Bestimmung zuführen könnte. Auch Anderes wurde entdeckt, zum Beispiel ein angeblicher Liebespfad. Zu Mittag kam die Sonne hervor und schaute, was sie nun zu bescheinen hatte. Tische und Bänke wurden hervorgeholt, es gab Brezel und Apfelsaftschorle. Wir notierten uns die Namen: Khan, Fouad, Soliman, Amer.
Gesine Wechterstein hatte einen kleinen Atlas dabei. Hier zeigte jeder seine Heimatstadt. Wir erfuhren von ihren Berufen in ihrer Heimat. Sie erfuhren von uns Manches aus der Gegenwart.
Smartphones wurden für Fotos gezückt. „Tomorrow again“? „Vielleicht. Wir brauchen euch“! In Astheim grüßt man sich noch. Aber das brauchte keiner zu lernen.
Kaj Wechterstein